Die schönen Dinge des Lebens

1 Okt. 2018 / Pressespiegel

Marcus Wessel, Smart Investor, Oktober 2018


Kunst, Freizeit, Natur. An der Börse begegnet man mitunter
Geschäftsmodellen, für die nicht allein nüchterne Bilanzen sprechen.

Glanzvolle Börsenrückkehr
Der Kunstmarkt ist eine nur schwer durchschaubare Welt. In dieser bewegt sich Rüdiger K. Weng seit fast einem Vierteljahrhundert. Die von ihm gegründete Weng Fine Art AG (WFA; IK) agiert als klassischer B2B Kunsthändler. Daneben ist Weng auch im Online-Kunsthandel unterwegs. Diese spannende Nische deckt die Tochter WFA Online ab, und hier spielt – salopp formuliert – die Musik. Nach einem bereits sehr erfolgreichen Geschäftsjahr 2017 signalisieren auch die Halbjahreszahlen eine ungebrochene Dynamik. Demnach erhöhte die Online-Sparte ihren Umsatz von Januar bis Juni um fast 60%. Der Überschuss vervielfachte sich von 166.000 auf nunmehr 671.000 EUR. Weng selbst weist darauf hin, dass man damit „wahrscheinlich das bei Weitem profitabelste Kunst-ECommerce-Unternehmen weltweit“ sei.
Man kann darin auch eine versteckte Spitze gegen den Wettbewerber artnet herauslesen, der ganz offenbar ein Kostenproblem hat. Weng hat mit der WFA Online jedenfalls noch viel vor. Sogar ein Börsengang scheint vor dem Hintergrund der Wachstumspläne 2019 denkbar. Dann könnten sich Aktionäre entscheiden, ob sie in die Mutter oder doch lieber nur in das Online-Geschäft investieren möchten. Konservativ kalkuliert der CEO mit einem Wachstum von mindestens 20% pro Jahr. Dabei haben konjunkturelle Zyklen praktisch keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft. Ein kürzlich gemeldeter Großauftrag im Editionsgeschäft mit einem Wiederverkaufswert von mindestens 8 Mio. EUR dürfte die Ertragslage  der WFA Online in den Jahren 2019 und 2020 noch einmal substanziell verbessern. Die Dividende, auf die Weng als Großaktionär besonderen Wert legt, soll bis zum Jahr 2019/2020 auf 25 bis 30 Cent ansteigen. Nach einem Delisting im Jahr 2016 notiert die Aktie der WFA seit Mai im m:access. Die starke Kursentwicklung seit dem Re-Listing (+90%) ist Ausdruck der operativen Erfolge. Um den Streubesitz zu erhöhen, verkauft Weng weitere Anteile aus dem Treasury Stock über die Börse. Die letzten Platzierungen über insgesamt 75.000 Aktien wurden vom Markt problemlos binnen Minuten aufgenommen. Mit der für 2019 geplanten Ausweitung der IR Aktivitäten und einem möglichen IPO der Tochter dürften weitere Anleger auf den Small Cap aufmerksam werden. Vieles spricht daher für eine Fortsetzung der Rally.

Schöne Aussichten
Wer vom malerischen Oberstdorf aus den Gipfel des 2.224 Meter hohen Nebelhorns in den Allgäuer Alpen erreichen möchte, der nutzt dafür die Seilbahnen der Nebelhornbahn. Seit dem Jahr 1930 verbindet diese das Tal mit der Bergwelt um Oberstdorf. Nach mehreren Erweiterungen in den vergangenen Jahrzehnten planen die Betreiber der Nebelhornbahn-AG den Bau einer neuen Bahn mit einer deutlich höheren Beförderungskapazität. Die notwendigen Investitionen werden auf rund 40 Mio. EUR geschätzt. Einen Teil hiervon plant der Vorstand im Herbst über eine Kapitalerhöhung an der Börse einzusammeln. Mit dem Bau der Bahn soll dann planmäßig im  nächsten Jahr begonnen werden. Positive Effekte auf Umsatz und Ergebnis sind dann ab dem Geschäftsjahr 2020/21 zu erwarten. Zuvor dürfte der Bauprozess jedoch nicht ohne Auswirkungen auf den laufenden Bahnbetrieb bleiben, sodass hier mit temporären Umsatzausfällen zu rechnen ist. Die am m:access gehandelte Aktie der Nebelhornbahn dürfte diese Übergangsphase vergleichsweise gut verkraften, schließlich befinden sich knapp 80% der Anteile in festen Händen. Nach einer scharfen Korrektur im Frühjahr, als das Papier von Höchstkursen um 50 EUR zeitweilig auf 25 EUR zurückfiel, kehrte die Aktie in den letzten Wochen in ihren langfristigen Aufwärtstrend zurück. Die Übertreibung nach oben ist auf das starke Geschäftsjahr 2016/17 zurückzuführen. Die neue Gipfelstation mit dem Nordwandsteig zog fast ein Viertel mehr Gäste auf das Nebelhorn. Die Nebelhornbahn AG konnte hierdurch ihre Umsätze um über 40% auf 11 Mio. EUR ausweiten und den Überschuss auf 0,8 Mio. EUR verdoppeln. Anleger sollten sich nun aber auf ruhigere Zeiten einstellen. Wie wäre es mit einem Ausflug aufs Nebelhorn und einer Auszeit vom stressigen Börsenalltag?

Fazit
Obgleich sich beide Unternehmen den schönen Dingen des Lebens widmen, so sind auch die reinen Zahlen und Bilanzen erwähnenswert. Langfristig bieten sowohl WFA als auch die Nebelhornbahn eine nachvollziehbare Wachstumsperspektive.