Der Kunst-Großhändler

7 Jan. 2012 / Pressespiegel

Krefeld (RP). Rüdiger K. Weng ist als erster deutscher Kunsthändler an die Börse gegangen. Der Kurs stieg seither um mehr als 50 Prozent. Warum Anleger an ihn glauben, was das Geheimnis seines Erfolges ist und was er als nächstes plant.

Mit der Kunst ist es wie mit Sportvereinen. Beides sollten sich nur Menschen kaufen, die das nötige Kleingeld haben. Wie gründlich ein Aktiengang schief gehen kann, haben viele Fans von Borussia Dortmund schmerzlich erleben müssen. Der Krefelder Rüdiger K. Weng hat als erster Kunsthändler Deutschlands den Börsengang gewagt. Trotz Euro-Krise und volatilen Märkten mit beachtlichem Erfolg. Der Kurs stieg seit dem Börsengang am 2. Januar um 56 Prozent. Die Erwartungen der Anleger sind hoch. Was, bitte, macht der ehemalige Bankangestellte und abgebrochene BWL-Student anders als andere? Die Antwort ist einfach: Alles.

"Anders als viele Galeristen sehe ich Kunstwerke vor allem als Ware", sagt der 49-Jährige. Es habe ihn gereizt, mit der Kunst Geld zu verdienen. "Aber um Kunst zu verkaufen, braucht man Kontakte. Und die hatte ich nicht." Er analysierte den Kunstmarkt. "Der ist in Deutschland ,atomisiert'. Es gibt gut 5000 Galerien, jeweils nur mit einem, zwei, drei Angestellten. Mir ist aufgefallen, dass es in der Kunstszene gar keinen Großhandel gibt." Eine Marktlücke.

Das Geschäftsmodell

Mit aktuell zehn Mitarbeitern gehört die Weng Fine Art AG zu den ganz Großen in Deutschland. Während eine Galerie pro Jahr 30 bis 40 Kunstwerke verkauft, verkauft Weng rund 1000 – überwiegend Werke zwischen 5000 und 50 000 Euro. Sieben Banken sind Geldgeber der AG, seit Beginn dieses Jahres auch die Volksbank Krefeld. Ihnen leuchtete Wengs Geschäftsmodell ein. Er ist Zwischenhändler, beliefert beispielsweise Auktionen und Händler in London, Paris, New York.
"Das ist für die Auktionshäuser effizienter, als sich die Werke mühsam einzeln zusammenzusuchen", sagt Weng. Ein weiterer Vorteil: "Wir brauchen keine Mahnabteilung, weil die Kunden immer erst das Auktionshaus oder den Händler bezahlen und erst dann die Ware erhalten. Und sollte doch einmal ein Kauf nicht bezahlt werden, haben wir als Sicherheit das Kunstwerk.

" Die Auktionshäuser schätzen Weng, weil dank seines Portfolios ihre Auktionen interessanter werden. Und weil die Weng Fine Art AG natürlich selbst bei Auktionen Kunstwerke ersteht. Und selbst wenn sie nicht kauft, treibt sie durchs Mitbieten den Preis.

Die Banken sind zufrieden: Im vergangenen Geschäftsjahr lag der Vorsteuergewinn bei 1,2 Millionen Euro – bei einem Umsatz von 6,5 Millionen Euro. Bis 2015 soll der Überschuss auf fünf Millionen Euro steigen. Wie das? "Bis Frühjahr wollen wir einen Online-Shop eröffnen, in dem Krefeld: Der Kunst-Großhändler | RP ONLINE 07.01.12 20:34 wir hochwertige Druckgrafiken in Mini-Auflagen anbieten." Zudem will die AG mit Teams in London, Paris und New York vor Ort sein. Schließlich sollen Beteiligungen, insbesondere an Auktionshäusern, erworben werden. Krefeld soll Logistik-Zentrum bleiben. "Die Nähe zum Flughafen ist ideal", sagt der Vorstandschef. Bis Jahresende plant Weng, bis zu sieben neue Mitarbeiter einzustellen.

Weng Fine Art AG
Der Chef Rüdiger K. Weng wurde in Krefeld geboren, machte am Moltke-Gymnasium sein Abitur. Er ist nicht verheiratet, lebt mit einer Kunsthistorikerin in Paris zusammen. Das Paar hat einen vierjährigen Sohn. Das Lager 15 000 Kunstwerke hat die Weng Fine Art AG seit 1995 verkauft, in drei gut gesicherten Lagern in Krefeld sind 2000 bis 2500 Werke im Bestand. Die Aktie Der Ausgabepreis des Wertpapiers lag bei 16 Euro. Gestern schloss der Kurs bei 25 Euro.

RHEINISCHE POST | 07. Januar 2012