Weng Fine Art: Zwischen den Zeilen

21 Juli 2020 / Pressespiegel

boersengefluester.de | Autor: Gereon Kruse

Das ist mal wieder typisch Rüdiger K. Weng. Wenige Stunden vor der Veröffentlichung neuer Zahlen kurz nach Mitternacht am 21. Juli 2020 postete der CEO von Weng Fine Art (WFA) im Forum von ariva.de: „Es macht sicher mehr denn je Sinn, sich unsere Meldung morgen Satz für Satz durchzulesen. Es gibt einiges an Information “zwischen den Zeilen”.“
Zugegeben: Vermutlich hätte boersengefluester.de die Nachricht des Kunsthandelsunternehmen eher überflogen, aber so nehmen wir die Herausforderung gern an und versuchen das Update von WFA mit zusätzlicher Akribie auseinander zu dröseln.

Konkret geht es um diese Zeilen: „Die positive Entwicklung im operativen Geschäft der Gruppe hat sich in den vergangenen Wochen nochmals deutlich verstärkt. Auf Konzernbasis und nach vorläufigen Zahlen liegt der Umsatz der Weng Fine Art AG Mitte Juli 2020 mit circa 4,1 Mio. Euro um etwa 17 Prozent über dem Vorjahr (3,5 Mio. Euro). Der Rohgewinn mit circa 1,65 Mio. Euro hat sich gegenüber dem Vorjahr bisher um mehr als 30 Prozent erhöht (1,25 Mio. Euro) und der Gewinn im operativen Geschäft mit circa 750.000 Euro bereits um etwa 88 Prozent zugenommen (400.000 Euro). Der Vorstand geht davon aus, dass sich dieser Trend im weiteren Verlauf des Jahres fortsetzen oder sogar verstärken könnte, sofern sich die Corona-Pandemie in den Zielmärkten der Gruppe nicht wieder deutlich stärker ausbreitet und zu großflächigen Lockdowns führt.“ 

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Weng Fine Art | Kurs: 12,900 €

Fangen wir mit dem ersten Eindruck an: Die Zahlen sind – gelinde gesagt – eine kleine Sensation und bestätigen die kontinuierlich bessere Einschätzung der Gesamtsituation in den vergangenen Monaten. Immerhin war Rüdiger K. Weng angesichts des Corona-bedingten Lockdowns noch Anfang April von einem deutlichen Umsatz- und Ertragsrückgang für die WFA-Gruppe ausgegangen. Insbesondere die guten Resultate der im Kunst-Editionsbereich tätigen E-Commerce-Tochter WFA Online seit Juni 2020 deuteten jedoch auf eine deutliche Erholungsrally hin. Nun also die Bestätigung dieses Eindrucks auf Konzernebene. Immerhin kletterte die operative Marge von 11,4 auf 18,3 Prozent. Kein Wunder, dass der Aktienkurs mit gut 14 Euro quasi auf dem höchsten Niveau seit dem Relisting vom Mitte Mai 2018 notiert. Aktueller Börsenwert damit: knapp 39 Mio. Euro.

Da die Vorabdaten von WFA Online zum ersten Quartal 2020 bereits seit Mitte Mai vorliegen, ist die eigentlich wichtige Erkenntnis der jüngsten Meldung, dass sowohl das ursprüngliche Stammgeschäft der Monheimer im klassischen Kunsthandel als auch die E-Commerce-Variante in der jetzigen Phase gut funktionieren. Das verleiht dem Geschäftsmodell zusätzliche Stabilität. Auffällig an der Meldung von WFA ist zudem, dass regelmäßig „nur“ vom operativen Geschäft die Rede ist. Zumindest im Hinterkopf behalten sollten Anleger, dass das Ende 2019 über die meldepflichtige Schwelle von 10 Prozent gewachsene Paket an Artnet-Aktien zuletzt ebenfalls super gut performt hat und mittlerweile um rund 50 Prozent über dem Niveau vom Jahresbeginn 2020 notiert.

Auch Artnet liefert dabei zurzeit erfreuliche Resultate und profitiert insbesondere von der Online-Auktionssparte. „Die Coronakrise beschleunigt derzeit die digitale Transformation des Kunstmarktes. Der Wandel war aber längst überfällig, Online-Transaktionen werden zum Standard werden“, sagt Artnet-Vorstand Jacob Pabst. Angesichts der starken Kursentwicklung von Artnet würde es boersengefluester.de nicht wundern, wenn WFA hier weiterhin auf der Käuferseite agiert und den Bestand spürbar aufstockt. Immerhin ist es das erklärte Ziel, den Bestand bis auf maximal 30 Prozent auszubauen und entsprechenden Einfluss zu nehmen. Summa summarum kann der Rat daher nur lauten: Weder bei Artnet noch bei Weng Fine Art Stücke aus der Hand zu geben.


Gereon Kruse, boersengefluester.de, 21. Juli 2020