Weng Fine Art: Die neuen Werttreiber

27 Aug. 2021 / Pressespiegel

Normalerweise ist boersengefluester.de gar nicht so sehr auf Hauptversammlungen unterwegs. Bei Weng Fine Art (WFA) haben wir am 24. August 2021 eine Ausnahme gemacht, schließlich war uns klar, dass CEO Rüdiger K. Weng – wenn er sich schon an eine Präsenzveranstaltung traut – keine gewöhnliche HV durchziehen wird. Von einer virtuellen Schmalspurvariante ganz zu schweigen. Und tatsächlich hat sich die Einwahl in den Live-Stream mehr als gelohnt. Tipp: Wer sich die WFA-Hauptversammlung noch nicht angesehen hat, kann das HIER auf YouTube noch immer nachholen. Es muss ja nicht gleich in voller Länge sein. Aber insbesondere der Interviewteil mit dem Management ab Minute 35, sowie die Fragerunde ab Stunde 2:13 sowie die Generaldebatte ab Stunde 4:58 sind einen Blick wert. Auf YouTube gab es übrigens mittlerweile schon fast 540 Aufrufe, was für das Aktionärstreffen eines Spezialwerts schone eine kleine Sensation ist.

Eine große Sensation – zumindest rein mit Blick auf den Chart – ist derweil die Performance der WFA-Aktie. Unter zuletzt deutlich höheren Handelsvolumina hat die Notiz seit Ende April locker einen Verdoppler hingelegt und den Börsenwert so auf 140 Mio. Euro gehievt. Zur Einordnung: Wie Rüdiger K. Weng auf der HV berichtete, hat es knapp neun Jahre für die ersten 50 Mio. Euro MarketCap gebraucht, aber nur sechs Monate für die zweiten 50 Mio. Euro. Nun: Wenn es im jüngsten Tempo weitergeht, werden die Monheimer für die dritte 50 Mio. Euro-Etappe nicht einmal drei Monate benötigen. „Das Aktionariat transformiert sich gerade. Es wird viel stärker hinterfragt, welche Rolle wir künftig spielen können“, sagt Weng. Soll heißen: Im Gegensatz zu früheren Zeiten, geht es zurzeit nicht mehr so sehr um möglicherweise gute nächste Zahlen, die Spekulation auf eine ansehnliche Dividende, Rochaden in der Artnet-Aktie oder die Spekulation auf ein baldiges Listing der Aktie der Schweizer E-Commerce-Tochter ArtXX, sondern um nicht weniger als eine Revolution der Kunstszene – ausgelöst durch die Möglichkeiten der Digitalisierung.

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Entsprechend ist kürzlich sogar ein Pensionsfonds langfrsitig bei WFA eingestiegen. Auch das ein Ritterschlag. Boersengefluester.de hatte zuletzt mehrfach über Themen wie Token, Fraktionalisierung und den Einstieg von WFA bei der auf digitale Marktplätze für den Kunsthandel spezialisierten 360X Art AG berichtet (etwa HIER). „Die Anleger werden der neue Werttreiber des Kunstmarkts sein – ohne, dass die Sammler verschwinden“, sagt Weng. Worum geht es? Noch einmal kurz zusammengefasst: Durch die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie lassen sich Kunstgegenstände nicht nur verbriefen und damit einfacher handelbar machen, sondern auch in beliebig viele Einzelteile splitten, was die Liquidität – und damit wohl auch die Preise – steigen lässt.

Die Möglichkeiten auch für private Museen sind enorm, denn erstmals könnte Kunst damit monetarisiert werden, ohne dass die Museen die Mehrheitsrechte an den Bildern oder gar das physische Eigentum abgeben müssten. Über 360X hat Weng Fine Art nun nicht nur einen Fuß in der Tür, sondern kann insbesondere im Bereich des Market Makings seine Expertise einbringen. Angesichts der vielen Türen, die sich momentan öffnen, hat WFA auch davon Abstand genommen, die Aktien von ArtXX möglichst zügig an einer deutschen Börse listen zu lassen. Dabei wäre das etwa über die Börse München innerhalb von vier Wochen möglich gewesen. „Wir haben das Projekt zurückgestellt und streben nun vorsichtig 2023 an“, sagt Weng und schielt momentan eher Richtung USA als an die Isar. Eine Entscheidung, die auch von wichtigen Investoren so favorisiert wird.

Letztlich geht es um die Maximierung des Shareholder Value und da wäre eine – wenn auch schnelle – Einbeziehung in den m:access wohl eher nicht die lukrativste Option. Sei es drum: Das Thema bleibt jedenfalls aktuell und Rüdiger K. Weng wird hierzu wohl auch künftig Updates geben. Interessant wird in diesem Zusammenhang auch, wie die Analysten der BankM den gesamten Prozess einschätzen. Immerhin soll Anfang September ihre Auftakt-Research zur WFA-Aktie erscheinen. Mit konkreten Ausblicken hält sich Weng derweil wie gewohnt zurück und geht weiter einen Weg, den er so auch bereits auf der Hauptversammlung im Dezember 2020 eingeschlagen hat: „Ich ziehe es vor, Potenziale aufzuzeigen und das Erreichte möglichst schnell zu kommunizieren.“

Wer den Titel im Depot hat, wird momentan ohnehin auf Wolke Sieben schweben. Klar ist aber auch, dass die Verlockungen für einen Ausstieg steigen. Das ist auch völlig in Ordnung, denn von Gewinnmitnahmen ist noch niemand arm geworden und zusätzliche Handelsliquidtät kann das Papier noch immer brauchen. Kurzfristig dürfte also die Volatilität kräftig ansteigen und auch ein Rücksetzer wäre nicht verwunderlich. Auf einem ganz anderen Blatt stehen jedoch die langfristigen Perspektiven der zurzeit anlaufenden Transformation des Geschäftsmodells. Und da kann es durchaus sein, dass die jetzigen historischen Rekordkurse um 50 Euro in ein paar Jahren als eine Art Geschenk angesehen werden.

Losgelöst davon könnte der auf der HV ebenfalls beschlossene 1:1-Aktiensplit noch zusätzliches Potenzial freisetzen. Das größte Risiko ist aus Sicht von boersengefluester.de, dass die neuen Projekte am Ende doch viel mehr Zeit benötigen und Kapazitäten binden, als so manch Investor das momentan vielleicht vermutet. Und bestimmt mahlen die Mühlen bei 360X-Mitaktionären wie den DAX-Konzen Deutsche Börse und der MDAX-Gesellschaft Commerzbank deutlich langsamer als bei Weng Fine Art. So gut die Vorzeichen auch stehen: Wer am Ende als Sieger aus dem digitalen Kunstrennen geht, muss sich erst noch zeigen.

BOERSENGEFLUESTER.DE | SPEZIALWERTE, REDAKTION | 27. AUGUST 2021 | VON GEREON KRUSE