Weng Fine Art: Groß angelegte Fusion

6 Mai 2021 / Pressespiegel

Eine Dauerkarte für einen Platz in der chronologischen boersengefluester.de-Auflistung von Aktien auf All-Time-High hat zurzeit Weng Fine Art gebucht. Kein Wunder, denn Vorstand Rüdiger K. Weng spielt die Investor Relations-Klaviatur momentan ziemlich virtuos. Über die Zahlen für 2020 hatten wir erst kürzlich berichtet (HIER). Neu hinzugekommen sind der – freilich niedriger als von uns gedachte – Dividendenvorschlag von 0,30 Euro zur Hauptversammlung im August, die geplante Ausgabe von Berichtigungsaktien im Verhältnis 1:1 sowie der kurzfristig anstehende Verkauf von bis 100.000 der noch im Portfolio befindlichen 150.000 eigenen Aktien im Gegenwert von derzeit rund 2,7 Mio. Euro und – was mit Abstand am wichtigsten ist – jede Menge Hinweise auf die künftige Geschäftsstrategie des im Münchner Spezialsegment m:access gelisteten Gesellschaft Kunsthandelshauses.

Einen ersten Eindruck gab Weng Anfang Mai auf dem YouTube-Kanal von Philipp Haas Investresearch, sehr viel konkreter wurde er dann bei seiner Präsentation auf der von GBC organisierten MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz am 4. Mai 2021. „Treiber des künftigen Kunstmarkts werden Investoren und der Finanzmarkt sein – und nicht mehr so sehr die Sammler oder Galeristen“, so die grundsätzliche Hypothese von Weng. Um sich für dieses Szenario optimal zu wappnen, läuft am Firmensitz in Monheim am Rhein das Projekt „Art/Fin/Tech“. „Die Fusion aller meiner Ideen der vergangenen 25 Jahre“, wie Weng sein aktuelles Lieblingsvorhaben auf der MKK bezeichnet. Dahinter verbergen sich diverse Themen, die es nun möglichst schnell zu entwickeln gilt. Anders als sonst üblich in der Kunst; aber diesmal gilt ausnahmsweise tatsächlich die Gleichung ‘Zeit ist Geld’.


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Schlagwörter, denen Anleger in diesem Zusammenhang immer wieder begegnen werden sind Tokenisierung und Fraktionalisierung. Fraktionalisierung meint dabei nichts anderes, als das ein Bild, eine Skulptur oder sonst ein Kunstwerk in mehrere Einzelteile zerlegt wird. Im Prinzip genau wie bei einer Aktiengesellschaft. Wer sich etwa eine BASF-Aktie kauft, erhält einen winzig kleinen Anteil an dem Chemiekonzern. Freilich wird nur über diese Zerstückelung ein Investment in dem DAX-Wert überhaupt erst möglich. Die wenigsten Anleger möchten und können schließlich den gesamten BASF-Konzern auf einmal erwerben. Ähnlich verhält es sich in der Kunst: So wäre es beispielsweise denkbar, die Mona Lisa von Leonardo da Vinci gedanklich in 1.000 kleine Quadrate – sprich Token – zu unterteilen und jedes einzeln zum Handel anzubieten. Letztlich ist die Unterteilung aber gar nicht zwingend nötig. Man könnte die Mona Lisa auch in nur einem Token verbriefen oder verschiedene Gemälde von einem oder mehreren Künstlern zu einem Token verschmelzen. Alles nach dem Vorbild strukturierter Produkte in der Finanzwelt. Am Ende steht zudem der Vorteil, dass das Kunstwerk bei einem Kauf nicht einmal zwingend seinen sicheren Aufbewahrungsort verlassen müsste.

Nun ist die Mona Lisa ein unrealistisches Extrembeispiel, das Prinzip sollte aber klar sein. Im Grunde geht es immer um eine Erleichterung der Handelbarkeit von Kunstgegenständen. Das wiederum ist aus Investorensicht ein schlagendes Anlagekriterium und überaus relevant für die Bewertung des jeweiligen Assets. Aus genau diesem Grund investieren große Fonds auch eher in DAX-Werte als in illiquide Micro Caps. Bleibt die Frage, auf welcher Plattform die jeweiligen Kunst-Token später gehandelt werden. Und genau hierfür dürfte Vorstand Rüdiger K. Weng wohl bereits eine Antwort im Ärmel haben. Denn ohne funktionierenden Zweitmarkt würde das ganze System nicht einmal halb so viel Spaß machen.

Ein passendes Feld wäre darüber hinaus die Auflegung eigener aktiv gemanagter Fonds. Andere Themen, die die Kunstwelt zurzeit elektrisieren, wie etwa NFTs (Non-Fungible Token), dürften für Weng Fine Art (WFA) zwar ebenfalls interessant sein, aber eher unter dem Verbriefungsaspekt. Jedenfalls können wir uns nicht vorstellen, dass die Monheimer künftig massiv Geschäft über den Verkauf kopiergeschützter Computerbildchen machen – so verrückt die Preise hierfür in der jüngeren Vergangenheit auch waren. „Wir wollen keinen Hype befeuern, sondern das Stammgeschäft besser skalieren“, sagt Aufsichtsrat Christian W. Röhl, der auf der MKK ebenfalls einen Part bei der WFA-Präsentation übernahm.

Noch keinen konkreten Termin gibt es derweil für das geplante Börsenlisting der Schweizer E-Commerce-Tochter ArtXX. Spätestens zur Generalversammlung von ArtXX im Juni 2021 ist aber mit einem Update zu rechnen. Ein Dauerbrenner bleibt zudem die engere Verzahnung mit der Berliner Kunstdienstleister Artnet, an dem WFA zurzeit summa summarum rund 26,5 Prozent der Aktien hält. Noch immer prallen hier Welten aufeinander, aber boersengefluester.de würde es nicht wundern, wenn in unserer exklusiven Umfirmierungs-Übersicht irgendwann das Unternehmen Weng Fine Artnet zu finden ist. Doch zurück zum aktuellen Rekordhoch des Anteilscheins von WFA. Auch hier hat Rüdiger K. Weng seine ganz persönliche Einschätzung: „Die Aktie notiert zwar auf All-Time-High, aber sie war noch nie so günstig bewertet wie heute.“

BOERSENGEFLUESTER.DE | SPEZIALWERTE, REDAKTION | 06. MAI 2021 | VON GEREON KRUSE